Korruption: 2018 erneuter Rückgang um 22 %
2018 wurden 3.804 Korruptionsfälle durch die Polizei und das Zollkriminalamt registriert. Das ist die niedrigste Anzahl seit 5 Jahren und bedeutet nach dem Rückgang von 25 % im Jahr 2017 gegenüber dem Vorjahr einen erneuten Rückgang um 22 % gegenüber 2017. Die Anzahl der mit diesen Korruptionsstraftaten unmittelbar zusammenhängenden Begleitdelikten ist um ca. 56 % auf 1.607 Straftaten zurückgegangen.
Im Einzelnen hat die Zahl der Verdachtsfälle 2018 abgenommen
- bei Bestechlichkeit und Bestechung im Geschäftsverkehr von 1.197 auf 535
- davon im ausländischen Wettbewerb von 212 auf 10
- bei besonders schweren Fällen im Geschäftsverkehr von128 auf 48
- bei Bestechung von 768 auf 446
- bei besonders schweren Fällen der Bestechlichkeit und Bestechung von 1.097 auf 633
- bei Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen von 128 auf 69
Eine Zunahme ergab sich
- bei Vorteilsannahme von 341 auf 618
- bei Bestechlichkeit von 802 auf 994
- bei Vorteilsgewährung von 393 auf 446
Rückgang auch bei der Anzahl der Tatverdächtigen insgesamt
Die Gesamtzahl der polizeilich registrierten Tatverdächtigen ist 2018 um 16 % auf 2.458 gesunken. Bei der Anzahl der Nehmer (Vorteilsnehmer oder Bestochene) ist ein Anstieg um 8 % auf 1.534 festzustellen, während die Anzahl der Geber (Vorteilsgewährende oder Bestecher) um 39 % auf 924 gesunken ist.
Verwaltung als bevorzugter Zielbereich
Wie in den Vorjahren war die öffentliche Verwaltung bevorzugter Zielbereich von Gebern (Anstieg um 10 %). Dagegen sind die Fallanteile in den Bereichen Politik um 1 %, Wirtschaft um 4 % und Justiz um 5 % gesunken.
Rückgang bei monetären Schäden
Der monetäre Gesamtschaden belief sich 2018 auf rund 121 Millionen Euro und lag damit um 58 % unter der Summe von 2017 sowie deutlich unter dem Durchschnitt der letzten 5 Jahre. Allerdings kann die tatsächliche Schadensdimension nur vage erfasst werden, weil insbesondere die finanziellen Schäden durch korruptionsbedingte Erlangung von Genehmigungen nicht wirklich bemessen werden können.
Der gemeldete monetäre Gesamtwert der vom Nehmer erzielten Vorteile lag mit insgesamt rund 16 Millionen Euro deutlich unter dem Wert des Vorjahres (133 Millionen Euro) und unter dem Durchschnitt der letzten 5 Jahre (80 Millionen Euro). Die Vorteile auf Nehmerseite bestanden 2018 zu 63 % in Bargeld, zu 16 % in Sachzuwendungen und zu 9 % in sonstigen monetären Vorteilen.
Der Gesamtwert der monetären Vorteile auf Geberseite ist 2018 um 63 % gesunken und lag mit 110 Millionen Euro deutlich unter dem Fünfjahres-Durchschnitt (198 Millionen Euro). Die Vorteile bestanden zu 48,8 % in der Erlangung von Aufträgen, zu 18,5 % in der Erlangung von Genehmigungen, zu 8,5 % in sonstigen Wettbewerbsvorteilen und zu 8,4 % in der Beeinflussung der Strafverfolgung.
Rückgang des Straftatenanteils aufgrund langjähriger Verbindung
Nur in 16 % der Straftaten bildete eine Verbindung zwischen Geber und Nehmer über 5 Jahre hinaus die Basis für das kriminelle Handeln. In 12 % bestand die Verbindung zwischen 2 und 5 Jahren.
Die meisten Geber kamen 2018 aus dem Dienstleistungsgewerbe – insbesondere im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe von Fotografien an Schulen – (39,7 %), gefolgt vom Bau (17 %), Pharmazie und Medizin (6,7 %), chemischer Industrie (6,4 %) und Automobilindustrie (5,8 %).
Die Geber hatten 2018 zu 43 % eine Führungsfunktion, zu 25 % eine Sachbearbeiter- oder sonstige Mitarbeiterfunktion.
Verfahrensursprung zumeist polizeiinterne Erkenntnisse
Rund die Hälfte der Korruptionsverfahren wurde 2018 aufgrund polizeiinterner Erkenntnisse eingeleitet (Verdreifachung gegenüber 2017 auf 51 %). Hinweise durch bekannte Hinweisgeber (11 %) und anonyme Hinweise (9 %) führten in einem Fünftel aller Fälle zu Korruptionsermittlungen. Die Schaffung von Compliance-Strukturen in vielen Unternehmen sowie Präventionsmaßnahmen wie z.B. E-Learning-Systeme zur Sensibilisierung der Mitarbeiter haben sich als wichtig für die Korruptionsbekämpfung erwiesen.
Dass die Zahl der polizeilich ermittelten Korruptionsdelikte in Deutschland in den letzten Jahren deutlich gesunken ist, ist wegen des uzngewiss hohen Dunkelfeldes nicht entdeckter Korruptionsfälle nur die halbe Wahrheit. Naach Überzeugung befragter Führungspersönlichkeiten in der internationalen Wirtschaft nimmt die Korruption in der deutschen Wirtschaft und in öffentlichen Institutionen zu. Und im „Korruptionswahrnehmungs-Index“ (CPI) von Transparancy International, der sich auf Umfragen und Untersuchungen von mindestens zehn unabhängigen Institutionen stützt, ist Deutschland 2018 in einem Ranking von 180 Staaten von Platz 10 auf Platz 11 in der Reihenfolge der am ehesten korruptionsresistenten Länder abgerutscht. Die Folgen der Korruption sind nicht auf monetäre Schäden beschränkt. Je höher das Korruptionsniveau ist, umso ungleicher verteilen sich Einkommen und Vermögen in der Gesellschaft, desto stärker breitet sich die Schattenwirtschaft aus, desto mehr Vertrauen in eine integre Wirtschaft und in einen funktionierenden Rechtsstaat geht verloren und desto eher werden potentielle ausländische Investoren abgeschreckt. Die Prävention gegen die Ausbreitung von Korruption besteht maßgeblich aus einer wirksamen sozialen Kontrolle durch eine aufmerksame Öffentlichkeit, durch gründlich ermittelnde Polizeibehörden – auf deren Arbeit in Deutschland mehr als die Hälfte aller Verdachtsfälle zurückzuführen ist – und eine wirksame Strafverfolgung. Ebenso wichtig ist die unternehmensinterne systematische Kontrolle, die mit der konsequenten Anwendung des „4 Augen-Prinzips“ beginnt. Die Unternehmenskultur muss Korruption auch im geschäftlichen Verkehr mit dem Ausland konsequent ausschließen. Und zum wirksamen Compliance-System im Unternehmen gehört ein umfassender Schutz für Whistleblower. Derzeit wird auf politischer und auf rechtswissenschaftlicher Ebene über die Notwendigkeit eines gesetzlichen Schutzes von Whistleblowern und über die Einführung eines Unternehmensstrafrechts – statt bloßer Ordnungswidrigkeitsverfahren – gestritten. Obwohl in der Rechtswissenschaft wie in der Wirtschaft beide Maßnahmen skeptisch beurteilt werden, wie die Diskussion in der 8. Konferenz der Friedrich Ebert-Stiftuzng und von Transparancy International im November 2018 gezeigt hat, und die Meinung überwiegt, dass die Strafbarkeit von Unternehmen ein Bruch im deutschen Rechtssystem wäre, wird im BMJ ein entsprechender Gesetzentwurf zum Unternehmensstrafrecht vorbereitet.