Rückgang der KFZ-Kriminalität
Im Jahr 2018 wurden nach dem vom Bundeskriminalamt (BKA) im September 2019 veröffentlichten Bundeslagebild zur KFZ-Kriminalität 39.508 PKW als gestohlen registriert. Das sind 8,4 % weniger als 2017.
Als auf Dauer entwendet wurden 16.613 PKW registriert. Das sind 12,7 % weniger als im Jahr zuvor. Rund 41 % der Tatverdächtigen hatten nicht die deutsche Staatsangehörigkeit (7.067). Dabei dominierten polnische (1.675) vor türkischen (726) und rumänischen Tatverdächtigen (625). Bei 56,4 % der auf Dauer entwendeten PKW handelt es sich um Fahrzeuge deutscher Hersteller. Am stärksten belastet waren die Marken bestimmter hochwertiger Fahrzeuge. Bezogen auf je 100.000 Fahrzeuge des laufenden Fahrzeugbestands einer Marke lag Rover/Land-Rover mit 192 dauerhaft abhanden gekommenen Fahrzeugen vor Porsche (130) und Mazda (120).
Die Belastungszahl (bezogen auf je 100.000 zugelassene PKW im jeweiligen Bundesland) betrug 2018 im gesamten Bundesgebiet 35, in Berlin 315, in Baden-Württemberg und Bayern je 11. Berlin stellt weiterhin einen Schwerpunkt der KFZ-Kriminalität dar. Gestiegen sind gegenüber 2017 die Belastungszahlen in Niedersachsen (+ 14,8 %) und im Saarland (+ 10 %). In allen anderen Bundesländern sind sie gegenüber 2017 gefallen, am stärksten in Hessen (um 32,1 %). In den östlichen Bundesländern ist wegen der im Osten Europas gelegenen Absatzmärkte eine erhöhte Belastung festzustellen.
Im Jahr 2018 wurden 3.322 Sachfahndungstreffer zu deutschen KFZ-Ausschreibungen in anderen Schengenstaaten erzielt, davon 45 % in Polen (darunter 870 KFZ-Teile). Die Treffer lassen die Hauptverschieberoute über Polen in Richtung Osten sowie eine schwächer ausgeprägte Route über die Niederlande, Frankreich und Belgien in Richtung Afrika erkennen.
Gesunken ist 2018 auch die Zahl der auf Dauer entwendeten LKW (um 22,6 % auf 921). Weiterhin häufig entwendet wurden Spezial-LKW, insbesondere Betonmischer und -pumpen. Sie werden nach dem Diebstahl mit einer neuen Fahrzeugidentifizierungsnummer versehen und ins Ausland verschoben.
Nach Angaben der fünf größten deutschen Autovermieter wurden im Berichtsjahr 1.190 Mietfahrzeuge entwendet – zumeist unterschlagen oder betrügerisch erlangt. Das waren 4 % weniger als 2017. Der Anteil der Sicherstellungen lag mit 73 % höher als 2017 (67 %). Auf Dauer abhandengekommen sind 320 Mietfahrzeuge. Das sind 22 % weniger als 2017. Der stetig steigende Trend der vorangegangenen Jahre wurde damit gebrochen.
Hohe Professionalisierung organisierter Tätergruppierungen
Die internationale KFZ-Verschiebung wird von hoch qualifizierten, spezialisierten und arbeitsteilig vorgehenden Tätergruppierungen dominiert. Die Überwindung von elektronischen Sicherungseinrichtungen, der Fahrzeugtransport, die teilweise Zerlegung der Fahrzeuge in Einzelteile, die Fälschung oder Verfälschung von Fahrzeugpapieren und Identifizierungsmerkmalen sowie der Absatz entwendeter Fahrzeuge erfordern offensichtlich eine umfassende Logistik und verdeutlichen die hohe Professionalität der Täter. In der Regel sind die verschiedenen Ebenen einer Tätergruppierung voneinander abgeschottet. An der komplexen Tatbegehung sind neben den Auftraggebern, den Dieben, den Fahrern und Kurieren sowie den Hehlern auch für die Logistik verantwortliche Residenten und Fälschungsspezialisten beteiligt. Der Verkauf von entwendeten Fahrzeugteilen – und -zubehör erfolgt größtenteils über gängige Internetportale. Es handelt sich dabei um ein Massendelikt.
Überwindung des „Keyless Entry“-Systems
Die Diebe arbeiten mit elektronischen Überwindungstools. Mit diesen sind sie dazu in der Lage, die Sicherungseinrichtungen auch neuer Fahrzeuggenerationen unwirksam zu machen. Beispielhaft für das Eindringen in moderne Fahrzeuge ist der immer häufiger festgestellte Modus Operandi der sogenannten „Funkstreckenverlängerung“. Dabei benutzen die Straftäter für den Diebstahl von Fahrzeugen, die mit einem „Keyless Entry“-System ausgestattet sind, elektronische Tools. Diese simulieren das unmittelbare Vorhandensein des Fahrzeugschlüssels. Fälle, bei denen Tatverdächtige ermittelt werden können, lassen darauf schließen, dass solche Diebstähle durch organisierte Banden, vornehmlich aus Polen und Litauen, begangen werden. Der Transport der gestohlenen Fahrzeuge in die Absatzstaaten erfolgt in Containern oder durch Fahrzeugkuriere, die die entwendeten Fahrzeuge oder entsprechende Transportfahrzeuge steuern. In Südost- und Osteuropa sowie im Nahen und Mittleren Osten besteht ein anhaltender Bedarf an KFZ und Fahrzeugteilen. Ein wichtiger Transportweg für den Absatz im Nahen und Mittleren Osten sowie in Zentralasien führt durch die Türkei. Alternativ werden LKWs auch über die Häfen Antwerpen, Rotterdam, Marseille und Triest verschifft. Eine grundlegende Änderung der Kriminalitätslage ist insgesamt nicht zu erwarten, da die wesentlichen Rahmenbedingungen fortbestehen.
Auch wenn nach dem Bundeslagebild KFZ-Kriminalität 2018, über das der Securitas-Blog informiert, sowohl bei den PKW wie bei den LKW die Zahl der auf Dauer entwendeten Fahrzeuge 2018 gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen ist, gibt es besorgniserregende Entwicklungen in diesem Kriminalitätsbereich. So sind die von den Versicherungsunternehmen zu vergütenden Schäden durch KFZ-Diebstähle in den letzten Jahren angestiegen. Die Überwindung auch komplexer Sicherungsmechanismen durch die Täter lässt darauf schließen, dass organisierte Banden mit hohem technischen Know how zur Überwindung der Sicherungseinrichtungen am Werk sind. 43 Verfahren der Organisierten Kriminalität wurden 2018 im Bereich der KFZ-Sachwertdelikte registriert, mehr als in jedem anderen Bereich der Eigentumskriminalität. Die Nachfrage nach KFZ und nach Fahrzeugteilen in Osteuropa ebenso wie im Nahen Osten ist unverändert hoch. Und der Rückgang der LKW-Diebstähle darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Ladungsdiebstähle hohe Schäden anrichten – nach Aussagen aus dem LKA Niedersachsen, über die im Weserkurier am 19. Juli berichtet wurde, in Deutschland jährlich ca. 1,5 Milliarden Euro. Bei den sogenannten „Planenschlitzern“ handelt es sich nach den Feststellungen des LKA oft um osteuropäische Banden, die arbeitsteilig vorgehen. Zunächst wird von einem vorausfahrenden Fahrzeug aus der Parkplatz, auzf dem beladene LKW abgestellt sind, auf die Anwensenheit von Polizei überprüft und bei negativem Ergebnis ein Transportfahrzeug angerufen, mit der die Beute abtransportiert wird. Die Chancen, das Fahrzeug mit dem Diebesgut zu ermitteln, könnten verbessert werden, wenn die Polizei schneller alarmiert werden würde. Dringend erforderlich ist vor allem eine wesentliche Erhöhung der Zahl technisch und personell gesicherter LKW-Parkplätze an Autobahnen.