Fast jeder zweite Einbruchsversuch wird nicht angezeigt
Jedes Jahr steigen die Einbruchszahlen jahreszeitlich mit dem Eintritt der frühen Dämmerung. Neben dem „richtigen“ Verhalten von Eigentümern und Mietern, Nachbarn und für die Unternehmenssicherheit Verantwortlichen bietet eine zertifizierte mechanische und elektronische Sicherheitstechnik wirkungsvollen Schutz, äußert sich Helmut Rieche, Vorsitzender der Initiative „Nicht bei mir“ in einer Presseerklärung am 7. Oktober. Die Maßnahmen zum Einbruchschutz werden von der KfW-Bank je nach Investitionssumme mit bis zu 1.600 Euro gefördert. Fast die Hälfte aller Einbruchsversuche ist im Jahr 2018 an der Sicherheitstechnik gescheitert.
Das Dunkelfeld nicht angezeigter Einbrüche
Einen Blick in das Dunkelfeld nicht angezeigter Einbrüche wirft Michael Bräuer, ABUS August Brennicker Söhne KG, in der Ausgabe 3-2019 von s+s report, S. 41-43. Der Deutsche Viktimisierungssurvey 2017 ist ein von der EU gefördertes Forschungsprojekt. Die Anzeigequote bei vollendetem Wohnungseinbruchdiebstahl hat nach dieser Studie bei 72,5 % gelegen, während 2012 noch 85,1 % gemessen wurden. Von den Einbruchsversuchen sind nur 57,8 % angezeigt worden. Dabei ist jeder Vierte (24 %) zum Teil ziemlich oder sehr stark beunruhigt, dass in seine Wohnung oder sein Haus eingebrochen werden könnte.
Überwindung fehlerhafter Sicherheitstechnik
Die Überwindung von Sicherheitstechnik durch Kriminelle thematisieren in s+s report, Ausgabe 3-2019, S. 34-37, Sascha Puppel, Sachverständiger der Handwerkskammer Aachen, und Dipl.-Wirtschaftsjurist (FH), VdS. In den vergangenen Jahren ist ein deutlicher Anstieg von Einbrüchen mit professioneller Überwindung von Bewegungsmeldern, massiven Angriffen auf Einbruchmelderzentralen und intelligenter Sabotage von Übertragungswegen festzustellen.
Die Autoren beschreiben zum Beispiel typische Montagefehler beim Einbruchschutz (falscher Anschluss, falsche Programmierung, falsche Positionierung, falsche oder ungeeignete Melderart) und weisen bei Infrarot-Bewegungsmeldern auf deutliche Unterschiede hinsichtlich der Detektionsschnelligkeit und -sicherheit hin. Während Infrarot-Bewegungsmelder besonders empfindlich auf Quer-Bewegungen reagierten, benötigten Ultraschall- oder Mikrowellen-Bewegungsmelder eine Längsbewegung auf der „Sichtachse“. Besondere Vorsicht ist bei Meldern mit sogenannter „Kleintierimmunität“ geboten, da dies teilweise zu einer verminderten Detektionsempfindlichkeit am Boden führt.
Die gute Nachricht zuerst: Die Einbruchskriminalität ist in Deutschland langfristig rückläufig. Der in der PKS registrierte „schwere Diebstahl“ – das sind im wesentlichen Einbrüche – ist von 2004 bis 2018 insgesamt um 41 % zurückgegangen. Gegenüber dem Vorjahr ist 2018 die Fallzahl der ermittelten Diebstähle aus Büro- und Lagerräumen um 10,2 % gesunken, der Wohnungseinbruchdiebstahl sogar um 16,3 %. Die schlechte Nachricht lautet: Das Dunkelfeld nicht angezeigter Verdachtsfälle ist sehr hoch. Das ist bedauerlich, denn die Prävantion braucht eine möglichst vollständige Datenbasis. Das gilt besonders für die im Versuchsstadium stecken gebliebenen Einbruchdiebstähle, weil die Analyse der Gründe für en Tatabbruch für die Weiterentwicklung des Abwehrinstrumentariums notwendig ist. Und beim versuchten Wohnungseinbruchdiebstahl ist die Anzeigequote mit 57,8 % besonders niedrig. Das Arsenal mechanischer und elektronischer Sicherheitstechnik zur wirksamen Abwehr von Einbrüchen ist gut ausgestattet und wird ständig optimiert. Um die zu treffende Auswahl der im jeweiligen Einzelfall wirksamsten und zuverlässigen Tools zu erleichtern, hat das BayLKA einen Herstellernachweis über geprüfte und zertifizierte einbruchhemmende Produkte für mechanische Sicherung, EMA und Videoüberwachung veröffentlicht. Gespannt sein darf man darauf, ob das vor einigen Jahren entwickelte „predictive policing“ mittel- und langfristig die Effektivität polizeilicher Bestreifung besonders einbruchsbelasteter Räume wesentlich steigern wird, oder die Algorithmen mehr oder weniger die polizeiliche Erkenntnislage und Erfahrung bestätigen. Wissenschaftler der ETH Zürich haben übrigens unter Anwendung einer neuen „Machine Learning“-Methode Algorithmen entwickelt, die auf einer breiten Basis örtlicher und zeitlicher Rahmenbedingungen basieren und so selbst für dünner besiedelte Räume zuverlässige Einbruchsgefahren-Prognosen erstellen sollen. Das könnte auch für Sicherheitsdienstleister interessant sein, die von Wohnungsbaugesellschaften oder von der Verwaltung weiträumiger Gewerbeparks zur Bestreifung eingesetzt werden. Und gespannt darf man auch auf die nächste Auswertung der Alarmdaten des SOC von Securitas Deutschland sein.