Spätestens nach den Fällen um Julian Assange und Bradley Manning ist jedem der Begriff Whistleblowing sowie seine Tragweite bekannt. Es werden Hinweise auf weitreichende Missstände innerhalb eines Unternehmen oder einer Organisationen – die oft von öffentlichem Interesse sind – publik gemacht. Meist von einem Mitarbeiter, der aus eigener Erfahrung berichtet.
Keine strafrechtliche Verfolgung mehr
Zehn Mitgliedstaaten der EU haben nun Gesetze und Verordnungen zum Whistleblowing erlassen, berichtet Marcus Jung in der FAZ am 9. Juni. Eine einheitliche Lösung gibt es bislang noch nicht. Die EU plant aber einen besseren Schutz in Form einer konformen EU-Richtlinie. Nach dem vorläufigen Entwurf sollen Informanten künftig mit keinem strafrechtlichen Verfahren mehr rechnen müssen, wenn sie Missstände und Skandale im Unternehmen aufdecken. Auf der anderen Seite, müssen Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern oder einem Jahresumsatz von über 10 Millionen Euro sichere Kanäle schaffen, um Hinweisgebern das Melden von Verstößen zu erleichtern. Das soll vor allem durch digitale Lösungen realisiert werden.
Für Unmut auf Seiten der Unternehmer sorgt, dass der Entwurf einen tiefen Eingriff in die Darlegungs- und Beweislast in arbeitsrechtlichen Prozessen vorsieht: So müsste ein Arbeitgeber ggf. nachweisen, dass er einen Whistleblower nicht wegen seines Handelns entlassen hat.
Möglichkeit, anonym zu bleiben, ermutigt Informanten
Der Software Anbieter EQS Group hat ein digitales System für Hinweisgeber entwickelt. Mehr als 80 Unternehmen in ganz Europa nutzten das Softwareangebot bereits, jeweils mit Anpassungen an das Recht des jeweiligen Landes. Eine Erhebung von EQS zusammen mit der Hochschule für Technik und Wirtschaft Chur zeige, welche Auswirkungen die Unternehmensgröße und digitale Meldekanäle auf die Motivation von Hinweisgebern haben können. Danach sind in kleineren Unternehmen mit unter 250 Mitarbeitern lediglich 0,4 Meldungen pro Jahr registriert worden. Je größer die Unternehmen sind, desto mehr mögliche Rechtsverletzungen meldeten die Mitarbeiter.
Die Zusicherung von Anonymität ist der größte Anreiz für Informanten, um aktiv zu werden. Wenn ein webbasierter anonymer Meldekanal vorhanden ist, steigt die Zahl der Meldungen auf das Zweieinhalbfache an.
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